Insekten in Naturschutz­gebieten stark mit Pestiziden belastet

Schlechte Nachrichten für Insekten: laut aktueller Studie unter Beteiligung der Universität Koblenz-Landau sind Insekten in Naturschutzgebieten stark mit Pestiziden belastet.


In den vergangenen drei Jahrzehnten sind nachweislich mehr als 75 Prozent der Biomasse an Insekten in deutschen Naturschutzgebieten verschwunden. Die vom Weltbiodiversitätsrat (IPBES) beschriebene Biodiversitätskrise findet in Deutschland dabei auch mitten in Schutzgebieten statt.

Ohne Insekten brechen Ökosysteme zusammen, Pflanzen können nicht mehr ausreichend bestäubt werden. Expert*innen vermuten Pestizide als einen der Hauptverursacher für den dramatischen Rückgang. „Unsere Daten zeigen deutlich, dass Insekten in Naturschutzgebieten mit einem Cocktail aus Pestiziden belastet sind“, so Dr. Carsten Brühl vom Institut für Umweltwissenschaften der Universität Koblenz-Landau.

 

Insektengemeinschaften mit bis zu 27 Pestiziden belastet

Auf den Insekten haben die Wissenschaftler über die Gebiete verteilt 47 der 92 Pestizide gefunden. Im Schnitt konnten sie 16 verschiedene Pestizide auf Insekten der einzelnen Naturschutzgebiete nachweisen. In einem Schutzgebiet bestand die Belastung auf den Tieren sogar aus 27 verschiedenen Stoffen. Die minimale Belastung lag bei sieben Pestiziden.


Schutzzonen von zwei Kilometern nötig

Die Ergebnisse haben die Forscher mit einer Raumanalyse der Projektpartner kombiniert. „Wir wollten herausfinden, wo die Insekten die Pestizide aufnehmen“, erklärt Lisa Eichler vom Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung in Dresden. Das Ergebnis der Analyse: Die Insekten haben die Pestizide auf der Anbaufläche in einem Umkreis von zwei Kilometern aufgenommen. Die Erklärung: Naturschutzgebiete in Deutschland sind in der Regel klein. Im Durchschnitt haben sie eine Größe von unter 300 Hektar, 60 Prozent sind sogar kleiner als 50 Hektar. Sehr viele Insekten haben aber einen großen Flugradius. „Politik, Wissenschaft und Landschaftsplanung müssen daher Pufferzonen einplanen und dabei in anderen Skalen denken, 10 bis 20 Meter reichen da nicht aus“, unterstreicht Dr. Martin Sorg vom Entomologischen Verein Krefeld. Pufferzonen um Naturschutzgebiete und auch Schutzgebiete aus dem europäischen Natura2000-Programm, in denen keine synthetischen Pestizide eingesetzt werden dürfen und die ökologisch bewirtschaftet werden, müssten etabliert werden. Die Landschaftsplanung sollte in diesen Puffergürteln von zwei Kilometern Breite um die Naturschutzgebiete ein Risikomanagement verwirklichen und dort prioritär Ökolandbau fördern, so die Empfehlung der Forscher.

Berechnungen des Forschungsteams zeigen: würde ein solcher Schutzraum für alle Naturschutzgebiete deutschlandweit umgesetzt werden, beträfe das 30 Prozent der Agrarfläche. „Diese Zahl mag auf den ersten Blick groß erscheinen“, so Brühl, aber entspräche der Forderung der EU nach 25 Prozent und der neuen Ampelkoalition nach 30 Prozent an Bio-Landwirtschaft bis 2030. „Mit unserer Untersuchung liefern wir Empfehlungen zur Umsetzung dieses Transformationszieles, für das die Politik noch neun Jahre Zeit hat“.

Weitere Informationen:

Siehe die Pressemitteilung des Entomologischen Vereins Krefeld (EVK) unter www.entomologica.org/pm/Zu_Brühl_et_al_2021_Mitteilung_EVK.pdf.

Die gesamte Pressemitteilung findest du hier:

idw-online.de/de/news784367

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