Früher Schilfjäger Brachytron pratense (O. F. Müller, 1764)

Mit 5,5 bis 6,5 cm Körperlänge ist der Frühe Schilfjäger ein relativ kleiner Vertreter der Familie. Brust und Hinterleibsansatz sind stark behaart. Bei den Männchen sind die Brustseiten grün-gelb mit zwei von oben nach unten durchgehenden dunklen Streifen und einer Querverbindung. Der Hinterleib weist eine blau-schwarzer Mosaikzeichnung auf, aus der oben auf dem ersten Hinterleibssegment ein charakteristischer runder grün-blauer Fleck heraussticht. Die Brustseiten der Weibchen sind braun-gelb mit zwei von oben nach unten durchgehenden dunklen Streifen mit Querverbindung. Die Mosaikzeichnung auf dem Hinterleib ist grüngelblich-schwarz und der runde Fleck oben auf dem ersten Hinterleibssegment gelb. Eine Verwechslung mit der Herbst-Mosaikjungfer ist allein schon durch die unterschiedliche Flugzeit so gut wie ausgeschlossen, außerdem ist bei dieser Art die Brust braun mit seitlich zwei breiten, gelben Seitenbinden; die Zeichnung oben auf der Brust ist auf zwei kleine, gelbe, kommaförmige Striche reduziert und der zweite Hinterleibsabschnitt weist einen hellen, nagelförmigen, dunkel gesäumten Fleck auf. 

Der Frühe Schilfjäger wurde in allen Hauptnaturräumen nachgewiesen, der Schwerpunkt der Verbreitung liegt im Hügelland südlich des Nord-Ostsee-Kanals mit hoher Fundpunktdichte im Westenseegebiet, der Holsteinischen Schweiz, an den Bornhöveder Seen, im Raum Segeberg und östlich des Elbe-Lübeck-Kanals. Aufgrund der kurzen Flugzeit des unauffälligen Verhaltens und einer meist geringen Zahl der fliegenden Tiere wird die Art leicht übersehen und damit die Verbreitung möglicherweise unterschätzt.

Nach einer Larvalentwicklung von zwei bis drei Jahre schlüpft der Frühe Schilfjäger stark synchronisiert von Ende April bis Mitte Mai. Die kurze Hauptflugzeit endet bereits Mitte Juni, die letzten Tiere können Anfang Juli auftreten. Die Reifezeit verbringen die Jungtiere an sonnigen und windgeschützten Gehölzrändern, Waldlichtungen, Wiesen, oft mehrere Kilometer vom Entwicklungsgewässer entfernt. Die reifen Männchen patrouillieren in niedriger Höhe über der Wasserfläche vor dem Röhrichtsaum. Sie zeigen dabei ein deutliches Revierverhalten und verjagen andere Großlibellen. Gelegentlich fliegen sie bei der Suche nach Weibchen auch in Schilffelder hinein. Die Paarung wird am Gewässer vollzogen, das Paarungsrad setzt sich nahe der Wasserlinie in Pflanzenbeständen ab. Im Gegensatz zu vielen anderen Edellibellen sind die Männchen weniger aufdringlich gegenüber eierlegenden Weibchen, sie versuchen sie erst zu ergreifen, wenn sie auffliegen. Die Weibchen legen die Eier ohne Begleitung des Männchens bevorzugt im Flachwasserbereich in schwimmende abgestorbene Stängel von Schilf und Rohrkolben, seltener in lebende Pflanzenteile.

Der Frühe Schilfjäger bevorzugt größere, stehende oder langsam fließende Gewässer mit gut ausgebildeter Verlandungszone, insbesondere großflächige artenreiche Röhrichte oder Großseggenbestände werden gerne besiedelt. Es werden aber auch kleinere Gewässer genutzt, wenn entsprechende Strukturen und in der Umgebung individuenreiche Populationen vorhanden sind. Die Larven leben im Flachwasser an Wurzeln von Wasserpflanzen oder Ufergehölz sowie unter schwimmenden oder am Boden liegenden Pflanzenresten.

Der Frühe Schilfjäger ist bei uns im Land nicht gefährdet, kann aber durch Freizeitaktivitäten an Seen und intensive Unterhaltung von Fließgewässern beeinträchtigt werden.

Früher Schilfjäger
Brachytron pratense
© D. Kolligs
Weibchen
Körperlänge18 mm
Vorderflügellänge 22 mm
Länge Larven3cm
Exemplare in S-H250.000
Alter MAX3 Wochen
Quartettspiel bestellen

Literatur

  • ARBEITSKREIS LIBELLEN SCHLESWIG-HOLSTEIN (Hrsg.) (2015): Die Libellen Schleswig-Holsteins. - Natur + Text, Rangsdorf, 544 S. 
  • BROCHARD, C.; D. GROENENDIJK; E. VAN DEN PLOEG & T. TERMAAT (2012): Fotogids Larvenhuidjes van Libellen. – KNNV Uitgeverij, Zeist. 
  • BROCKHAUS, T.; H.-J. ROLAND; T. BENKEN; K.-J. CONZE; A. GÜNTHER; K.G. LEIPELT; M. LOHR; A. MARTENS; R. MAUERSBERGER; J. OTT; F. SUHLING; F. WEIHRAUCH & C. WILLIGALLA (Ed.) (2015): Atlas der Libellen Deutschlands. - Libellula Supplement 14. 
  • DIJKSTRA, K.-D. B. / SCHRÖTER, A. (Ed.) (2021): Libellen Europas. Ein Bestimmungsführer. – Haupt-Verlag, Bern. (überarbeitete Neuauflage) 
  • MIELEWCZYK, S. (1970): Odonata und Heteroptera aus dem Naturschutzgebiet Ptasi Raj bei Gedansk mit Besonderer Berücksichtigung des Brackwassersees. — Fragmenta Faunistica 15(19): 343-363.
  • PETERS, G. (2006): Die Edelibellen Europas. -  Neue Brehm-Bücherei Bd. 585; VerlagsKG Wolf, Magdeburg. 
  • THOMES, A. (1985): Ökologische Beobachtungen an den Libellen (Odonata, Insecta) des Unteren Schierenseebaches (Naturpark Westensee, Schleswig-Holstein). — Diplomarbeit aus dem Zoologischen Institut der Christian-Albrechts-Universität Kiel.
  • WILDERMUTH. H. & A. MARTENS (2019): Die Libellen Europas. Alle Arten von den Azoren bis zum Ural im Porträt. – Quelle & Meyer, Wiebelsheim.

Text: A. Bruens